In der vergangenen Woche stattete der bayerische Staatsminister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, der Marktgemeinde Altusried einen Besuch ab. Er machte sich ein Bild vom Stand der Arbeiten bei der im Bau befindlichen Seniorenwohnanlage „Postresidenz“. Im Anschluss diskutierte er mit den Vertreterinnen und Vertretern der AllgäuPflege gGmbH (das gemeinnützige Unternehmen wird die Postresidenz betreiben) sowie den anwesenden politischen Amtsträgerinnen und Amtsträgern brennende Pflegethemen.
Anlässlich des hohen Besuchs waren verschiedene Projektbeteiligte zur Postresidenz gekommen, deren Gesamtkosten in Höhe von rund 18 Millionen Euro von der Kreisspitalstiftung Kempten, dem Landkreis Oberallgäu, der Marktgemeinde Altusried und dem Freistaat Bayern getragen werden. Zu den Gästen gehörte die Oberallgäuer Landrätin und Stiftungsvorsitzende der Kreisspitalstiftung Kempten, Indra Baier-Müller, die CSU-Bundestagsabgeordnete für Kempten, Lindau und Oberallgäu, Mechthilde Wittmann, der schwäbische CSU-Landtagskandidat Ralf Arnold, der Geschäftsführer der AllgäuPflege gGmbH, Florian Adolf mit einigen Mitarbeiter:innen der AllgäuPflege sowie Mitglieder des Marktgemeinderats. Antje Kasparek, die Standortleiterin Altusried und Projektbeauftragte bei der AllgäuPflege führte die Anwesenden gemeinsam mit Altusrieds 1. Bürgermeister Joachim Konrad durch die Baustelle.
„Hier entsteht ein Haus in der Gemeinde, für die Gemeinde, mit der Gemeinde“, so Antje Kasparek. „Der Standort in der Ortsmitte ist genau richtig, denn er ermöglicht den Seniorinnen und Senioren auch im Alter Teilhabe am Ortsgeschehen.“ Das moderne, große Seniorenzentrum, das Ende 2023 eröffnet werden soll, wird eine stationäre Pflege mit zwei Wohngruppen für je 15 Bewohnerinnen und Bewohner und eingestreuten Kurzzeitpflegeplätzen, 24 Wohnungen im betreuten Wohnen, eine Tagespflege mit 18 Plätzen sowie die Begegnungsstätte „Poststüble“ beherbergen. „Wir wollen ein lebendiges miteinander“, wie Antje Kasparek betonte.
Dass dies gelingt, davon ist Indra Baier-Müller überzeugt: „Mit dem Neubau und dem Umzug vom Ortsrand in die Mitte ermöglichen wir Menschen mit Unterstützungsbedarf mehr gesellschaftliche Teilhabe und mehr Lebensqualität. Nun ist es an uns, die neuen Möglichkeiten mit Leben zu füllen – kein leichtes Vorhaben in Anbetracht des drohenden Fachkräftemangels insbesondere im Pflegebereich. Um diese Leerstelle zu füllen, brauchen wir neue Konzepte und Ideen genauso, wie die notwendige Freiheit, diese auch fernab von Vorgaben und Einschränkungen umzusetzen.“
Was die Gäste sahen, war ein moderner, heller Bau mit sehr großzügigen Räumlichkeiten, der mit vielen Holzelementen, zwei Dachterrassen, einem großen Gemeinschaftsgarten und Wohnungen mit hoher Wohnqualität besticht und – dank vielen großen Fenstern - die Öffnung in den Ort hinein erlebbar macht.
Pflegeminister Holetschek zeigte sich beeindruckt vom Gesehenen. „Die Räume sind auch schon im leeren Zustand eindrucksvoll.“ Er lobte die bewusste Öffnung in den Ort und die „sehr gute Mischung“ an Betreuungsmöglichkeiten. „Aber was wäre das alles ohne die Menschen, die hier arbeiten?“, konstatierte er mit Blick auf die anwesenden AllgäuPflege-Mitarbeitenden, denen er für ihr Engagement und ihre Geduld während der langen Bauzeit dankte.
Im Anschluss an die Begehung trug sich Holetschek im Altusrieder Rathaus zum zweiten Mal ins Goldene Buch der Gemeinde ein, ehe er mit den Anwesenden brennende Pflegethemen diskutierte. „Die Pflege wird zur Schicksalsfrage“, warnte Holetschek zur Eröffnung des Gesprächs. In den Pflegeberufe gäbe es in diesem Jahr sieben Prozent weniger Azubis als im Vorjahr. Parallel würden Pflegekräfte in die Leiharbeit gehen oder ihren Beruf ganz aufgeben. Angesichts des gleichzeitig steigenden Pflegebedarfs in der Bevölkerung gelte es, diesen immer stärker zunehmenden Fachkräftemangel schnellstmöglich in den Griff zu bekommen. Unsere Forderungen beim Bund wie Steuerfreiheit auf bestimmte Lohnanteile oder Maßnahmen zur Entlastung der Mitarbeitenden von Bürokratie seien wichtig, reichten aber nicht aus“, so der Minister. Es bedarf maßgeblicher weiterer Bemühungen, um die Arbeitsbedingungen attraktiv zu gestalten und dem Beruf die verdiente gesellschaftliche Positionierung zu verschaffen. Wenn es darum geht, die Arbeit in der Pflege attraktiver zu gestalten, sind vor allem die Arbeitgeber gefragt. Die Akademisierung der Pflege und die vor drei Jahren – zeitgleich mit dem Beginn der Corona-Pandemie - eingeführte generalistische Pflegeausbildung, bei der Alten-, Krankenpflege- und Kinderkrankenpflegekräfte nicht mehr separat, sondern gemeinsam ausgebildet werden, funktioniere in der Umsetzung unter Pandemiebedingungen mit der Sicherstellung der Praxisanleitung insbesondere in der Altenpflege nicht so gut wie erhofft, räumte er ein.
AllgäuPflege-Geschäftsführer Florian Adolf bestätigte diese Einschätzung. Leider erschiene vielen Auszubildenden die Arbeit im Krankenhaus als attraktiver, wodurch die Altenpflege ins Hintertreffen gerate. Florian Adolf monierte, auch die mittlerweile unvermeidliche Anwerbung ausländischer Pflegefachkräfte sei schwierig. „Aufgrund extrem langsamer Anerkennungsverfahren und langatmiger und komplizierter zuwanderungsrechtlicher Problematiken dauert es viel zu lange, bis die Kräfte letztlich zu uns kommen können.“ Häufig seien Verzögerungen auf Personalmangel oder andere Probleme in den Botschaften der Herkunftsländer zurückzuführen, gab der Gesundheitsminister zu bedenken. Er ergänzte: „Unsere bayerische ‚Fast Lane‘ für schnellere Anerkennungsverfahren für Pflegefachkräfte ist im ersten Monat gut angelaufen. Wir haben die Einreise und Anerkennung ausländischer Pflegekräfte in Bayern erheblich beschleunigt, vereinfacht und digitalisiert. Klar ist: Wer uns in Bayern in der Pflege unterstützt, soll nicht mit langwierigen und bürokratischen Prozessen kämpfen, sondern möglichst schnell den Menschen helfen können, die auf pflegerische Unterstützung angewiesen sind. Die Zentralisierung der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in der Pflege beim Landesamt für Pflege (LfP) zum 01.07.2023 war ein großer Meilenstein. Das LfP sorgt für bayernweit einheitliche und zügige Anerkennungsverfahren. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit vom Antragseingang bis zum Feststellungsbescheid zu ggf. bestehenden noch auszugleichenden Defiziten beträgt beim LfP durchschnittlich acht Tage. Ich freue mich, dass das Interesse, in Bayern in der Pflege zu arbeiten, so groß ist. Die Rekrutierung, Anerkennung und nachhaltige Integration von ausländischen Pflegefachkräften ist ein zentraler Baustein, um Personallücken in der Pflege zu schließen.“ Er bat Florian Adolf um weitere künftige Rückmeldungen. Holetscheks Resümee fiel ernüchternd aus: „Wir müssen jetzt die Weichen stellen, sonst fahren wir das System mit Ansage gegen die Wand. Was wir brauchen, ist eine große Pflegereform.“